Was hat das Lernen von Sprachen mit Yoga gemeinsam?

Häufig werde ich gefragt „Warum hältst du Sprach- und Yogakurse? Das sind doch völlig unterschiedliche Dinge?“ Davon abgesehen, dass mir beide Aktivitäten gemeinsam Balance geben, haben sie mehr gemeinsam, als du vielleicht denkst. In diesem Blogbeitrag teile ich fünf Gemeinsamkeiten, die ich bei mir selber und in meinen Kursen beobachtet habe.

1. Kommunikation statt Perfektion

Beim Fremdsprachen Lernen wie auch im Yoga geht es um Kommunikation und nicht Perfektion. Vielleicht kommt dir die eine oder andere der folgenden Aussagen bekannt vor?

„Heute ist nicht mein Tag, ich kann mich nicht konzentrieren.“ (Wann genau ist dein Tag?)

„Ich möchte das jetzt ganz richtig machen.“ (Was ist, wenn es kein Richtig, das für jede Person gültig ist, gibt?)

„Würde das ein*e Expert*in so machen?“ (Niemand ist perfekt! Auch Lehrer nicht.)

„Mache ich überhaupt Fortschritte?“ (Wenn du lernst, dann ja!)

Wenn es um Yoga und Sprachen Lernen geht, steht Perfektionismus nur im Weg. Gibt es das überhaupt, etwas perfekt zu machen? Streben wir aber genau das an, wird es zu einem frustrierenden Prozess, in dem wir uns wiederholt als Versager*in sehen. Vor allem in unserer westlichen Gesellschaft ist es das Ergebnis und dessen Qualität, die im Vordergrund stehen. Dabei ist es meistens der Prozess, der dich bereichert und inspiriert. Wenn du eine Sprache lernst, ist es das Unterhalten in einem Zugabteil (egal auf welchem Niveau), das Schauen eines fremdsprachigen Films oder das Schreiben einer Einkaufsliste in der Zielsprache. Diese Prozesse sind wichtig, um die Zielsprache zu einem Teil von dir zu machen und sie als Teil einer Kultur zu erkennen und zu erleben.

Auch beim Yoga sind es Prozesse der regelmäßigen Auseinandersetzung mit Körper-, Atem- oder Achtsamkeitsübungen, die das Gefühl für uns selbst verfeinern. Es geht um den Prozess der wachen Kommunikation und des Erforschens unserer Grenzen, den Prozess des sich Spürens und Kennenlernens, den Prozess des Wahrnehmen-Lernens seines eigenen Atems, den Prozess des bewussten Bewegens einzelner Körperteile. Und all das variiert von Tag zu Tag, ist im ständigen Fluss. Der Prozess hilft dir dich weiterzutasten. Durch Fehler lernen wir und genau diese ständig bewegte Kommunikation ist unser Schlüssel.

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2. Mach es zu einem Teil von dir

Mach das Lernen zu deiner täglichen Routine, auch wenn es nur kurz ist, und so wird es Teil von dir. Du kannst Sprachen und Yoga super in den Alltag einbauen. Zum Beispiel kannst du

– deine Einkaufsliste in der Fremdsprache schreiben
– bewusst Lieder in der Fremdsprache anhören
– Textnachrichten in der Fremdsprache schreiben
– Filme mit Untertiteln anschauen
– mit deinem Hund in der Fremdsprache kommunizieren
– Podcasts oder Nachrichten in der Zielsprache hören
– dir Sätze in der Zielsprache auf die Küchenkästen schreiben, damit du sie täglich siehst
– mit dir selber in der Zielsprache sprechen

Auch Yogaübungen sind alltagstauglich, du musst ja nicht immer gleich eine 90-Minuten-Einheit praktizieren. Du kannst sie über den Tag verteilen wie zum Beispiel

– den Sitz bewusst wahrnehmen (Sitzhöcker spüren, gerade Wirbelsäule, Schulterblätter leicht zusammen),
– für einige Minuten mit gerader Wirbelsäule und Schulterblätter leicht zusammen im Fersensitz sitzen beim Fernsehen.
– zwischendurch immer wieder einige bewusste Atemzüge nehmen
– Im Stehen ‘Halbmond (Arme über Kopf und mit Oberkörper zur Seite geneigt) machen für zwischendurch
– Der Planetengruß geht in jedem Hotelzimmer, am Strand oder gleich nach dem Aufstehen, beinhaltet alle Bewegungen (Vorbeuge, Rückbeuge, Drehung, Streckung) und du brauchst keine Yogamatte
– einfaches Kopfkreisen und Bewegen der Halswirbelsäule
– sich nach angespannten Situationen an einem ungestörten Ort schütteln, solange es guttut
– eine Mahlzeit bewusst essen, ohne nebenbei aufs Handy zu schauen oder den Rest des Tages zu planen

Umso mehr du die Zielsprache oder die Yogaübungen in dein Leben integrierst, umso mehr werden sie Teil von dir. Der wöchentliche Kurs ist trotzdem wichtig, darauf werde ich als nächstes eingehen.

3. Der Spirit einer Gruppe

Für Sprachen-Lernen und auch Yoga, ist meiner Meinung nach das regelmäßige Teilnehmen an einem Kurs mit anderen Menschen unersetzbar. Es gibt viele Argumente, die Integration von in den Alltag, um eine Gruppenlernsituation zu ergänzen.

– es ist lustiger in der Gruppe
– man lernt voneinander
– der Austausch mit den anderen Teilnehmer*innen lockert den Lernprozess auf
– man kann Fragen stellen und Feedback einholen
– Erfahrungsaustausch

Beim Sprachen lernen ist der Gruppenvorteil vielleicht offensichtlicher, da es ein Kommunizieren nach außen ist. Wohingegen es in der Yogapraxis ein Kommunizieren nach innen ist. Trotzdem hat auch die Teilnahme an einem Yogakurs große Wichtigkeit.

– du hast wöchentlichen Kontakt mit Gleichgesinnten,
– die Möglichkeit korrigiert zu werden und
– du wirst dort abgeholt, wo du mit deiner Praxis stehst, und bekommst Alternativen
– du kannst Fragen stellen und bekommst so immer wieder neuen Input

Darum …

4. Finde deine*n Lehrer*in

Mit einer Person zu lernen, zu der man eine Verbindung aufbauen kann, hilft beim Lernprozess unheimlich. Es gibt so viele Unterrichtsstile wie es Lehrer*innen gibt. Was für dich nicht geht, kann für jemand anderen das Beste überhaupt sein. Die Wahl der Lehrer*innen ist eine sehr persönliche Sache und manchmal dauert es eine Weile, bis man die richtige Person gefunden hat. Im Sprachen- wie auch im Yogaunterricht sehe ich es als die Aufgabe der lehrenden Person, einen Raum zu schaffen, in dem die Teilnehmer gut arbeiten können. Das macht jede/r auf seine Art und Weise, die dann wieder unterschiedliche Menschen anspricht. Ist ja gut, dass es so ist.

5. Hingabe und Freude, nicht Intelligenz oder Begabung

Immer wieder hört man

„Ich habe keine Begabung für Sprachen.“
oder
„Ich bin zu unflexibel für Yoga, das ist nicht meines.“

Beim Fremdsprachen-Lernen wie auch beim Yoga sind es Hingabe und Freude, die den Prozess des Lernens erleichtern und dann kommt die Leichtigkeit ganz von selbst. Jeder startet dort, wo er gerade steht. Hat jemand die Begabung Sprachen zu lernen, dann kommt er/sie nur weiter, wenn Hingabe und Freude auch dabei sind. Hast du ein wirkliches Interesse eine Sprache zu lernen, weil du zum Beispiel regelmäßig in ein bestimmtes Land reist, dein Sohn eine Spanierin heiratet, du Lust hast Texte in Originalsprache zu lesen oder du einfach dein Gehirn trainieren möchtest, dann ist es leicht Hingabe zu entwickeln, die jeweilige Sprache zu lernen. Findest du dann auch noch einen für dich passenden Lehrer*in, hat auch die Freude Platz und es wird leicht gehen mit dem Lernen.

Ähnlich ist es mit Yoga: Ist es dir ein echtes Anliegen mit deinem Körper besser zusammenzuarbeiten, seine Grenzen wahrzunehmen, entspannter und flexibler zu werden, dann fällt auch die Hingabe leichter. Passt darüber hinaus die unterrichtende Person zu dir, dann setzt die Freude schnell ein.